Ein Versuch Gedanken nach aussen zu tragen und ein Anstoss für weisse, sich mit Rassismus, Privilegien und ihrem eigenen Verhalten dazu auseinander zu setzen.
Dieser Text richtet sich an weisse Personen.
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Du hast dein Handy in der einen, Bierflasche und Kippe in der anderen Hand. Du bist aufgeregt und sagst mir: „Komm lass nach vorne gehen, ich will was sehen.“
Wir sind aber nicht an einem Konzert. Wir sind an einer Black Lives Matter Demo in Gedenken und Solidarität an George Floyd. Wir beide sind weiss.
…
white silence = violence.
Manchmal wär es aber gut wenn wir weissen die Klappe halten, denk ich.
Ich verneine dich zu begleiten. Du ziehst los durch die Menge…..
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Ich bin weiss, trage schwarze Jeans, eine schwarze Regenjacke, eine schwarze Cap und einen schwarzen Mundschutz.
Du. weiss, bietest mir Flyer an, irgendwas mit Antifa Logo und brennenden Barrrikaden..
Die Person neben mir trägt einen geblümten Mundschutz, Bluejeans und eine kakifarbene Jacke. Sie ist Schwarz. Ihr bietest du keinen Flyer an.
Wir sind auf einer Black Lives Matter Kundgebung
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Jemand hat sich die Mühe gemacht im internet ein Foto zu finden, es auszudrucken und hier an den Baucontainer zu kleben. Es ist ein Portrait.
Darüber steht: Mörder.
Ich schaue das Bild an, mir ist unwohl und ich werde wütend.
Das Gesicht dieses Bullen hat hier nichts zu suchen. An seiner Stelle sollte hier ein Bild von George Floyd oder William Tonou-Mbobda oder Yaya Jabbie oder Achidi John hängen oder ….die Liste ist lang….. zu lang.
Ich würde das Papier gerne verbrennen. Oder abreissen. Oder beides.
Ich bin unsicher. Traue mich nicht. Ich gehe weiter. Ich schäme mich dafür, dass ich es nicht getan habe.
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Die Stimmung ist heiter bis fröhlich, das Wochenende steht bevor, lange haben wir alle nicht mehr so zahlreich zusammengestanden, einige Menschen seit langem nicht mehr gesehen. Das Stimmengewirr und Getratsche ist laut.
Lauter als die Redebeiträge vom Lauti.
Wir befinden uns vor der US-Botschaft, immer noch an einer Black Lives Matter Demo in Gedenken und Solidarität an George Floyd.
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Du hältst ein Schild hoch, mit der Aufschrift: “Racism is small dick energy!“
Ich frage mich was die Grösse von Geschlechtsteile mit Rassismus zu tun haben.
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Du, bist weiss, wirst gebeten das Verteilen deiner Flugblätter von deiner polit Vereinigung zu irgend welchen anti-globalisierungs Themen zu unterlassen.. Du fängst an zu argumentieren, dass nur ein gemeinsamer Kampf die Revolution bringen kann und die Meinungsfreiheit dir das Recht gibt diese Flugblätter hier zu verteilen.
Wir sind an einer Gedenkkundgebung für William Tonou-Mbobda. Wir weissen sind dazu eingeladen uns solidarisch daran zu beteiligen und uns der Demo im hinteren Teil anzuschliessen.
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Du stellst dich schützend vor ihn. Du baust mit deinem Körper und deiner lauten Stimme eine Barriere auf, zwischen ihm und ihr.
Er, POC, hat gerade einen rassistischen Übergriff erlebt.
Sie, weiss, die sich gerade rassistisch verhalten hat ihm gegenüber.
Du, weiss, möchtest ein guter Ally sein.
Du schneidest ihm mehrfach das Wort ab. Du verhinderst ein von ihm gewünschtes Gespräch mit ihr. Du lässt deine Gefühle – nein deine Wut – an ihr raus. Die Situation ist aufgeheizt.
Du wirst dich danach gut fühlen.
Ich, weiss, stehe dahinter. Halte mich raus. Hab keine Worte dafür, dich später anzusprechen. Sage mir, das nächste mal wenn ich dich sehe, spreche ich dich auf die Situation an.
Das war vor fast 3 Jahren. Ich meide dich seither.
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Ich habe jemanden kennen gelernt. Ich finde die Person voll cool. Du sagst mir: „Pass auf, die hat einen ‚anger issue‘ (Wutproblem). Wie eine tickende Zeitbombe.“
Du bist weiss.
Sie ist Schwarz.
Ich frage mich, wie kannst du nicht auch wütend sein, in einer Gesellschaft wie der unsrigen.
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Lasst uns mit zuhören anfangen.
Lass es nochmals versuchen (gute Verbündete zu sein).
Lasst mit unseren weissen Freund*innen über Rassismus reden.
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zusammengetragen von JOT
(weiss, genderqueer, ablebodied)
white failure zine
Juni 2020