baggertelldelikte

„Irgendwas mit Trauer, Trauma, Dominanz – er kriegt Angst.“
Susan Sontag: Ich schreibe, um herauszufinden, was ich denke. Tagebücher 1964-1980

Manchmal sind die Zeiten härter, die Gefühle schmerzlicher
und die Worte+Sätze theatralischer.

warum seh ich dich stets mit der axt da
dem mann da den schädel spalten?
heillos das beil <sprung schwung in die luft>
vom rumpfe den kopfe <sacht kracht> ab_lösen <ab_trennen>
stumpfkanten bleimantel in knochen trümmern+hämmern

3fach + mehr auf mancherlei mannigfach art+weisen
„I have no selfcontrol whatsoever“

wer bist du, wer ist er, wer bin ich?
<me myself + I>
sind wir bekannt bis verwandt?
(ich kann das inter_esse der menschen nicht entschlüsseln)

ich a̶b̶e̶r̶ tu keinem keiner was zu leide
ich habe die aggression aus der timeline getilgt
mit mucus sputum + blut übergossen
mir einverleibt: zerfleischt gefressen geschluckt
<nasch_en>

aber
sist 1 diabolischer zyklus
der kein ver_ende_n kennen will
plunder+dauergebäck <ewige dyspepsie>
stets kommt sie mir wieder hoch

wir sind umBringt
schlachtwaffe schlagzeug folterinstrument
<knall krach krawall>
splitter schrott scherben schadhafter schutt

warum schreiben wir sie uns nicht 1fach vom hals?
ist uns das thema topic totem unangenehm?
wollen wir nur unsere ruhe?

wut hass + zorn
es gibt 1 grund für 1 silbe <syllable sill able>
speed
auf dass 1 beil schnellt in 1 leib
(lieb_er nicht!?)
weh_leid an_richtet + sich verzieht <verzeih!>

gehts nur mir so oder haben die anderen das auch?
sind wir nicht alle impflinge?

der hunger sitzt in meiner brust
die angst ist 1 schlange, die dich würgt
sinn ist (was) 1 seeleNsucht

wir leben im land der griesgrämer gießgräberkannen
<angewiesen ausgeliefert angewidert sein>

unter stress leide die empathie
empátheia – fein/mit/+zart/gefühl
doch 1 mit_leid haben sie stets bereit
1 begründung, 2 zeilen für die ab_lage – kein problem
<trostreich trotzreich>

wir leben 1 leben voller prüfungen
ständiges schatten_box_arbeiten
„wir sollten im schattenfeind, in der schattenfeindin kom-
pensatorisch erkennen, was uns fehlt“¹
(wir schichten das holz nicht, wir schLichten es)

schmerz kommt gegen den hunger nicht an
schlaf nicht gegen den schmerz
hunger nicht gegen den schlaf

wohin mit all dem gefühl?
rennen bis zur erschöpfung
dass wir der wut ihre kraft rauben
auf dass sie sich nicht mehr auf_richte
auf dass wir sie endlich aus_richten

es ist zeit
körper auf couch/kopf auf kissen/kontemplation
it’s the year of the w̶o̶l̶f̶ ←→ flow
let it go.

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¹ Matthias Jung. In: Der innere Schatten – Ein unbequemer Wegbegleiter. Von Prisca Straub. BR Radiowissen. https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/der-innere-schatten-ein-unbequemer-wegbegleiter-1/32225



Katja Schraml

*1977 in Bayern, M.A. Germanistik+Soziologie, lebt in Berlin. Debütroman „Josef der Schnitzer Stumpf", KUUUK-Verlag 2015. Veröffentlichungen in Anthologien+Zeitschriften (u.a. Wiener Werkstattpreis, Karussell, mosaik, [kon]paper, Dichtungsring).

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