Ego-Slam

Von Walter Bosch

Mit Verlaub, ich bin ich war im Urlaub. Bin am Schrauben, Rauben, Trauben essen und mich gleichzeitig in Glückseligkeit vergessen. Ich vergesse mir zuzuhören, mich anzuhören, mich einmal nicht zu stören. Ich atme ein, ich atme aus. Mein Verstand rotiert in salti mortali und während mir die frische Luft meine Lunge mit Sauerstoff füllt, blicke ich tief hinab in mein eigenes Ich. Denn ich liebe mich und weil ich mich so gut wie nie nicht leiden kann, wächst mein Ego aus den tiefsten Abgründen meiner dunkelschwarzen Seele. Stehlend, flehend wage ich den Blick über meine eigene Schulter und dort erhasche ich einfach nur mich. Weil ich gedanklich, fraglich mich nun vor mir sehe, flehe und drehe dämlich ich mich nun augenunscheinlich um mich. Tief versunken in meinen Gedanken wanken und zanken romantische Gefühle mit spontanen Fluchtgedanken. Und weil Flucht nun mal nicht zu meinen allerliebsten Stärken zählt, zähle ich mich selber an und wähle die einzig mir bleibende reale Vernunft, sprich ab in meine Unterkunft. Eine mir selbsterschaffene Höhle aus Büchern bietet mir surrealen Einhalt und nur mein sprachgesteuertes Tor lässt mir Einlass gewähren. Ich bin zurück am Start, resette meine Festplatten, setze mich selbstlos zurück und rück dadurch Stück für Stück näher ran an mich. Mit und durch den Reboot steh ich nun barfuß auf der heißen Glut und merke, es tut gut. Weil Achtsamkeit und Sorgsamkeit auch aus meinen beachtlichen Gefilden drohend schnell am Verschwinden sind, rate ich mir selbst zur äquivalenten, maßlosen Selbstüberschätzung im Sinne von Garfield: Da ich untergroß bin, kann ich nicht übergewichtig sein. Auch wenn mein Sohnemann Gegenteiliges behauptet. “Warum Kinder aber auch immer die verfluchte Wahrheit sagen müssen?” Mein, von Schokolade befüllter, Waschbärbauch sollte dringend einer Streichelkur unterzogen werden. Manchmal renne ich samt Waschbärbauchansatz voller Sorgen recht sorglos durch Wien und verlaufe mich treffend am Weg dorthin, mittendrin, back to the Beginn. Lande in Menschenmassen, die meinen Bauchfortsatz hassen und sich lieber laut grölend fortbewegen. Und ganz ohne Degen, jedoch mit dem Segen eines unglaublichen Orientierungssinn ausgestattet zu sein, führe ich mich wohlwissend und GPS-getreu ans Ziel, ganz egal, wo dieses auch liegt, fühlt sich mein Ego wieder bestätigt. “Bitte bestätigen Sie mich” ertönt es aus dem Radio und siegessicher grinse ich wahllos um mich herumstehende Menschen an. Mit verachtenden Blicken schicken sie mir ihre Zuneigung und mein blödes Grinsen zwingt sie ungewollt zum Schmunzeln und Lächeln. Bin ich verrückt? Bin ich total durchgeknallt? Wahrscheinlich! Stört es mich? Nein!
Da lächelt das kleine Kind mal eben wieder listig, lustig, gekonnt zurück und verstandslos schlage ich nun Salti vorwärts. Es dreht mich, und mit mir, dreh nun auch ich mich. IM KREIS, UND IMMER WEITER…dreh ich mich ungewiss in Richtung Future.

Walter Bosch

1984 in Wien geboren, pendelte ich zwischen Schule und Sporthalle umher. Mittlerweile Vater zweier Söhne und mit der unglaublichsten Frau verheiratet. Verspielt, ehrlich und direkt im Umgang mit seinen Geschichten. Manchmal hart, manchmal zart, viel Fiktion und Hirngespinst, aber dennoch stets zufrieden.

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