Flugmodus

Von Anke Meer

Ok Handy, ich habe es geschafft dich heute eine Stunde auszuschalten und sechs Minuten Flugmodus. Obwohl mich das Plakat an der Eingangstür vom Kindergarten täglich erinnert. Warum zum Teufel schmeiße ich dann nicht endlich mein Handy in die Spree. Weshalb tut mir Facebook so im Herzen weh? ZABC, digital Püree. Speicherkarte SD, morgen bist du ein problemloses hey. Ein Smiley Emojis Ade. Du nichts sagende WhatsApp Armee. Du stehst passendes Giff Blume, Bierkrug, Daumen hoch, Eiswürfel, statt Sätze im Klee. Zombie, Feuer, Regenbogen, Schnee. Morgen bist du ein Akku leeres Spinnennetz im Spinnen von meinem Irrsinn. Mein neues Gesetz lass dich nicht auf gewinnen ein, im wortlosen welcher Smiley ich dann bin. Sicher ein roter. Denn ich werde wie 2012 wieder alle meine Freunde verlieren. Wie war es denn vor zehn Jahren? Du Funkloch am Horizont, wie kontaktlos habe ich mich im Mond gesonnt. Da kam ich raus, von einem 130,00 € Telefonvertrag aus dem ich dann endlich nach drei Jahren und einigen Kündigungen auf eine neue Prepaid Karte umstellen konnte. Oh, was für eine schmerzvolle Umstellung. Alle Freunde weg. Plötzlich, von heute auf morgen. Alle weg. Monate ohne was ist Smiley Sonnenbrille? Du hast dich doch damals so für Sprache interessiert. Möchtest du mir irgendetwas sagen? Als ich dann einen Kürbis als Antwort bekam, machte ich Schluss mit dem Internet. Nur das Meer und ich. Kein hat er doch gelesen, ihr blöden blauen Hacken, warum antwortet er dann erst zwei Tage später. Frei von kindischen Gedanken, wenn ich mich jetzt drei Tage nicht melde und offline bin, dann ist sein Jagdinstinkt wieder da und blinkt. Mit einem Pfeilbogen, einem Mond und einer Sonne. Als Abschied schickte ich ein Schwan. Ich wollte damit meine Treue kommunizieren. Ich litt unter keine Mitten in der Nacht Handystrahlen, ein halbes Jahr nur 5 Euro bezahlen. Kein Gefällt mir Like Finale. Nur ich und meine Fantasie Ostsee Wale. Und das Duale im Sterne zählen aus spirituellem wählen. Jawohl. Nur ich und die Wahl, fern vom Skandal. Mann probiert es nochmal mit einem Threema Angebot wegen der absoluten Privatsphäre, löscht dann hirnlos Telegramm und fragt sich, warum. Findet sich letzten Endes selbst lächerlich, weil ich ja nur träume, mich im Meer schäume und um mich herum alles versäume. Mein Leben ist ein Traum, vor allem wenn mir über WhatsApp siebzehn Jahre Freundschaft gekündigt wurde. Danke aber auch das ich nicht einmal ein Telefonat wert bin. Da downloadet man sich doch gerne ein paar Federn herunter. Und eine Flinte aus Tinte. Meine Daten klebten am Spaten, ich tötete Kirschen kombiniert mit Brokkoli im Wort Raten. Nichts gegen Bilder, aber doch nicht so. Ich konnte mit dem wichtigsten Menschen meiner Welt nicht weiter in Kontakt bleiben. Das schlimmste, ich wurde mundfaul. Ich wollte ja noch anrufen, fragen, was der und auch er und auch du und sie mit dem Herz Smiley meinten. Ob das nur so mal, oder nur so oder vielleicht doch, oder nö, heute ja oder warum lasst Ihr es dann nicht einfach. Dummerweise waren allerdings mit dieser Internetlosen Veränderung in meinem Leben auch alle Handynummern weg. Und dass ausgerechnet, als ich nach Travemünde zog und niemanden kannte. Ich hatte dort nicht einmal Verwandte. Als ich mich einsandte, so Elektrosmog frei entspannte, suchte ich nach dem Gastzugang der Hotels. Ich erinnere mich noch gut, dass die Verschlüsselungen mich wahnsinnig machten. Jetzt bin ich wieder leidenschaftlicher Surfer. Ist heute eh alles billiger und übers Meer surfen in den Horizont der Einsamkeit, das ist doch viel zu viel Natur. Da spüre ich mich ja selbst. Welche Seele fliegt denn heute noch? Oder träumt? Wir sind doch schon Computer, oder? Sag du es mir Handy. Komm schon. Google kennt jede Antwort. Hey Account Bohne 888, du kannst ruhig mal ein bisschen stolz auf dich sein, dass du dich noch nie auf Twitter oder Instagram angemeldet hast. Du bist immerhin Old School Facebook. Und du hast es geschafft von 5984 Kumpels dich auf 38 runter zu löschen. Was das für eine Zeit gekostet hat, die alle zu bestätigen, um sie dann wieder zu entfernen. Hey Gesichtsbuch. Du bist toll. Wahnsinnig inspirierend. Einige Freunde aus der Vergangenheit hätte ich ja ohne dich wirklich nicht wiedergefunden. Smiley Kuss ich muss zum Schluss, Bussi Bus, Haltestelle Welle. Vielleicht schaffe ich es jetzt mit meiner Sucht der Flucht zurück in die Lübecker Bucht. Windsurfen. Auf meinen salzigen Tränen. Aber erst, wenn die Luft wieder rein ist. Und nur deinetwegen, Slam ohne Spam. Endlich! Hier bin ich mit meinem Problem. Ich stehe ja nicht hier, nur um meinen Text dann gleich auf Facebook zu posten. Obwohl. Kann jemand kurz helfen? Vielleicht bestätigen Sie mir ja dann die Freundschaftsanfrage. Aber das bringt mir nichts. Weil morgen früh komme ich ja wieder an diesem Plakat an der Eingangstür vorbei. Und da stehen diese zwei Eltern vertieft in Ihre Handys auf dem Spielplatz, abgebildet in einer unaufhaltsamen Zeit der Digitalisierung. Und dieses Plakat fragt mich wieder. „Heute schon mit Ihrem Kind gesprochen?“ Morgen B wie Bilderbuch wirst du dreimal täglich geöffnet. Wegen der Sprachentwicklung und so. Auf dem Rückweg werfe ich mein Handy in die Spree. Dann habe ich ein Grund mir ein neues zu kaufen, wo die YouTube App wieder funktioniert. Ich will meine B Sprache zurück. Hat, wer ein gutes Buch schwerelos verfasst, welches für unsere Kinder passt, denn in meinem Harmoniepalast war schon wieder wer zu Gast und hat am Handymast im Luft holen der Ruhe und Rast den Schatten in mir gehasst. Mach’s gut, Ballast.

Anke Meer

*1981 in Dresden. Veröffentlichungen in Literaturmagazinen und Anthologien. Im Herbst 2022 hat sie die Poetry Slam Szene in Berlin für sich entdeckt.

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